Darf man den Kaffeelöffel ablecken?
Es klingt kurios, aber diese Frage bekomme ich fast in jedem meiner Knigge-Seminare gestellt. Auf der anderen Seite ist das Interesse an diesem Thema nachvollziehbar. Kaffee ist das beliebteste Getränk der Deutschen. Und die Kaffeekultur hat sich enorm entwickelt. Wo es früher nur Filterkaffee gab, ist das Angebot mittlerweile riesig – vom Espresso bis zum Café Latte und in unzähligen, aromatisierten Variationen.
Kein Wunder, dass da die normale Kaffeetasse nicht mehr ausreicht. Heute gibt es kleine Tassen, große Gläser, Schüsseln und Becher in allen denkbaren Varianten. Wenn es stilvoll werden soll, dann servieren Sie bitte jede Kaffeespezialität in der passenden Tasse mit Untertasse und Kaffeelöffel. Die Größe des Löffels richtet sich dabei nach der Höhe der Tasse oder Glases
Egal, welche Kaffee-Variante Sie bevorzugen: Dem Ablecken des Kaffeelöffels kann man doch kaum widerstehen? Erst Recht, wenn Sie damit vielleicht noch süßen Milchschaum aus dem Glas holen können? Hier muss ich jetzt die Spaßbremse geben. Beim Konsum von Speisen und Getränken gilt: Je weniger Sie dabei auffallen, desto besser. Geräusche sollten Sie auf keinen Fall produzieren.
Beim Kaffeevergnügen gilt daher: Kein Schlürfen, kein Löffelablecken und bitte kein Klangkonzert durch demonstratives Umrühren. Rühren Sie vorsichtig und im Uhrzeigersinn. Sobald Sie damit fertig sind, streifen Sie den Löffel am Tassenrand ab. So ist zusätzliches Ablecken schlichtweg überflüssig. Ein schlimmerer Fauxpas als das Ablecken ist übrigens das Abstellen des Löffels im Kaffeebecher. Meist wird beim nächsten Schluck umständlich hantiert, um sich den Löffel nicht ins Auge zu stechen. Ärgerlich!
Schwierig wird beim Milchkaffee oder Cappuccino. Der Milchschaum, der am Löffel hängen bleibt, lässt sich einfach nicht so gut abstreifen. Stellen Sie den Löffel samt Milchschaumresten auf dem Unterteller ab, so fließen die Schaumreste zur Tasse und es besteht akute Kleckergefahr. Tipp: Rühren Sie unmittelbar vor dem Abstellen noch einmal um und legen Sie den Löffel erst dann auf den Unterteller. So bleibt in der Regel wirklich sehr wenig Milchschaum hängen
So streng die „Löffelregeln“ auch sind, verlieren Sie bitte auf keinen Fall den Spaß am Kaffeetrinken. In einem konservativen oder geschäftlichen Umfeld sollten Sie es sich einfach verkneifen, den Löffel abzulecken. Im privaten Miteinander sind die Regeln lockerer. Milchschaum-Löffeln ist bei legeren Anlässen akzeptiert und Ihre Freunde verzeihen Ihnen sicherlich Ihre „Schwäche“.
Einen ganz wichtigen Tipp habe ich für Sie, wenn Ihnen – wie oft üblich – zum Abschluss eines Menüs ein Kaffee angeboten wird. Der Genießer mit Stil wählt in diesem Fall ausschließlich Espresso oder Mokka und niemals eine Kaffeevariante mit Milch. Dafür gibt es zwei Gründe: Zum einen wirkt der starke, schwarze Kaffee verdauungsanregend, zum anderen ist der Kaffee mit Milch oder Sahne vom Nährwert her doch sehr üppig. Diese Wahl hinterlässt den Eindruck, dass Sie von dem Essen nicht ganz satt geworden sind. Und das wäre ein Affront für den Gastgeber.